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Bären und Löwen
Im 19. Jahrhundert bilden sich als Künstlergemeinschaft die Bären und Löwen mit Hugo Kauffmann (1844 – 1915) als wichtigstem Vertreter, der seit 1872 in einem großzügigen Landhaus im Priener Ortsteil Gries wohnte. Hugo Kauffmann erhielt seinen ersten Kunstunterricht in seiner Heimatstadt Hamburg. Von 1861 bis 1863 war er Schüler am Städelschen Institut in Frankfurt / Main bei dem Genremaler Jakob Becker. Anschließend hielt er sich bis 1867 in der Künstlerkolonie Kronberg auf, bevor er über Düsseldorf nach Paris kam. Der Krieg 1870 / 1871 zwang ihn nach Deutschland zurück. Dass er ab 1872 in dem Chiemseeort Prien seinen dauernden Aufenthalt nahm, ist nun sicher kein Zufall, sondern dem Ruf der Künstlerkolonie Frauenchiemsee einerseits und der Chiemseelandschaft als Malerparadies andererseits geschuldet.
Da es nicht jedermanns Sache ist, auf einer Insel zu wohnen, die im Winter oft nur schwer zu verlassen und zu erreichen ist und im Sommer von Fremden überquillt, ist leicht vorstellbar, dass Hugo Kauffmann die Bequemlichkeit eines idyllischen Ortes am Festland mit einer so guten Verkehrsinfrastruktur, wie diese Prien ab 1860 bot, vorzog. Auf der Fraueninsel hätte er auch kaum ein Areal von etwa einem Hektar erwerben können. Hugo Kauffmann malte besonders gern einheimische Bauern, Jäger und Wilderer sowie Viehhändler. Besuchsweise in den Sommermonaten hielt sich auch der Vater Hugo Kauffmanns, der Maler Hermann Kauffmann (1808 – 1889), bei den Bären und Löwen in Prien auf.
Zu diesem Künstlerfreundschaftskreis zählten die Maler Wilhelm Hauschild, Julius Frank, Felix Schlesinger, Carl Buchner und Carl Roux und vor allem Wilhelm Marc (1839 – 1907), der Vater des berühmten Franz Marc (1880 – 1916). Gemeinsam mit Wilhelm Hauschild und Julius Frank war Wilhelm Marc für die künstlerische Ausmalung des Königsschlosses Herrenchiemsee von Hofbaudirektor Dollmann engagiert worden.
Die Maler, zu denen sich auch Kunstfreunde gesellten, trafen sich in der Söllhuber Wirtschaft am Gries. Die noch Ledigen unter ihnen nannten sich Löwen, die Verheirateten Bären, wobei es durchaus vorkam, dass durch die Beweibung sich die Metamorphose vollzieht, wodurch Löwen in Bären umgewandelt werden.
Entsprechend dem Frauenchiemseer Vorbild gab es auch eine Künstlerchronik, die heute in Besitz des Priener Heimatmuseums ist . Sie schließt 1897 mit der traurigen Kunde, dass die alte Bären- und Löwenhöhle, nämlich die Söllhuber Wirtschaft, nach und nach vollständig verödet sei. Den Bären und Löwen ist mittlerweile in der Historischen Galerie der Chiemseemaler im Anbau zum Heimatmuseum ein angemessener Raum zugewiesen. Eine fundierte wissenschaftliche Einzeldarstellung dieser für Prien und die Künstlerlandschaft Chiemsee so wichtigen Künstlergemeinschaft fehlt bisher noch.
Nicht den Bären und Löwen zuzurechnen ist Emil Lugo (1840 – 1902). Da er ab 1888 in Prien als Landschaftsmaler tätig war, dürfen wir aber annehmen, dass er durchaus Kontakte mit Hugo Kauffmann und dessen Freunden pflegte. Emil Lugo gilt als stiller Maler, dessen subtile Darstellungen die Schönheit des Chiemsees eingefangen haben.