Der neuromantische Enthusiasmus für die unzerstörte Natur und für das einfache, bäuerliche Alltagsleben bestimmte die zweite Hälfte des 19 Jahrhunderts, so dass der Ansturm der Künstler und Sommerfrischler auf den Chiemsee nicht abnahm. Die Fraueninsel war längst zu klein geworden. Christian Maximilian Baer (1853-1911) war einer der Wenigen, der das Glück hatte, auf der Insel sesshaft zu werden. Um 1900 entstanden zahlreiche Künstlervillen rund um den Chiemsee, Bauernanwesen wurden zu Ateliers umgebaut, man fand seinen privaten „Malerwinkel“.

In Prien traf sich ab 1872 die Gruppe der „Bären und Löwen“, ein Kreis von Künstlern, Gästen und Einheimischen. Ihr Stammlokal war die Söllhuber Wirtschaft im historischen Priener Ortsteil Gries. Das bedeutendste Mitglied der Gruppe war der Münchner Genremaler Hugo Kauffmann (1844–1915). Seine Bilder sind Teil der Kunstsammlung Abé und als Dauerausstellung im historischen KronastHaus in Prien zu sehen.

Hugo Kauffmann
Hugo Kauffmann | Die Söllhuberin, 1880 | Kunstsammlung des Marktes Prien
Hugo Kauffmann | Gesellschaftsbild, 1879 | Kunstsammlung des Marktes Prien

Die Chronik der „Bären und Löwen“, im Stil der Künstlerchronik von Frauenwörth, gibt in Wort und Bild Aufschluss über die fröhlichen Veranstaltungen und Mitglieder dieses Kreises. Dazu gehörten auch Künstler, wie Wilhelm Hauschild, Julius Frank und Wilhelm Marc, die bei der malerischen Ausstattung des Schlosses Herrenchiemsee in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts mitwirkten. Die prächtige Chronik ist heute im Besitz des Marktes Prien.

Richard Riemerschmid | Die Villa Zumbusch in Aiterbach, 1900 | Kunstsammlung des Marktes Prien

Die geselligen Zusammenkünfte im einstigen Sommersitz und Maleratelier der Münchner Architekten- und Künstlerfamilien Zumbusch-Riemerschmid in der Villa Aiterbach direkt am Chiemsee sind ebenfalls in einem Gästebuch dokumentiert. Während den Sommermonaten zwischen 1909-1914 malte Leo Putz mit einem kleinen Kreis von Kollegen im nahegelegenen Schloss Hartmannsberg.

Einer der wichtigsten Vertreter der Moderne am Chiemsee war Julius Exter (1863-1939), der 1902 ein Haus in Feldwies erwarb. Hier entstanden, fern von den Zwängen der akademischen Malerei und dem Münchner Kunstbetrieb, Akt- und Landschaftsbilder in ausgeprägter Pleinair Manier, expressiv und farbintensiv.

Zu den Malern und Schriftstellern kamen auch Künstlerinnen an den Chiemsee. Frauen blieb der Zugang an die Kunstakademie bis 1919/1920 verwehrt. Neben der Damenakademie konnten sie sich in privaten Malschulen, z.B. bei Julius Exter, ausbilden lassen. Gemeinsam widmeten sie sich der Pleinairmalerei und beschritten den Weg in die Moderne.